Morgen: Taxi Deutschland vs. myTaxi, Runde 2

"Der Gesetzgeber will keinen Preis-Wettbewerb im Taximarkt. Taxis sind Teil des ÖPNV und der Gesetzgeber will die Bevölkerung nicht Profitinteressen aussetzen. Der Staat schützt mit der (im PBefG festgelegten) Tarifpflicht den Verbraucher. Warum Rabatte aber schlecht für den Kunden sind, muss man erst einmal verstehen.


Der Daimler-Konzern mit der Tochter Mytaxi kauft sich mit massiven Rabattaktionen Marktanteile am Taximarkt. 700 Taxizentralen Deutschlands sind dadurch einem Verdrängungswettbewerb ausgeliefert. Sie arbeiten grundsätzlich genossenschaftlich, kostendeckend, ohne Gewinne. Sie können und dürfen gemäß PBefG keine Rabatte anbieten. Hat Mytaxi sie mit fortlaufenden Rabattaktionen erst einmal gegen die Wand gedrückt, können Verbraucher nur noch unter gewinnorientierten internationalen Großkonzernen wählen (Mytaxi ist eine 100-prozentige Daimler-Tochter). In einer solchen Welt sind fortlaufende Rabatte aber nicht auf Dauer, Wucherpreise zu Stoßzeiten folgen.


Ohne Tarifpflicht sind 700 Taxizentralen gefährdet. Hier droht eine Dehumanisierung der Arbeitswelt. Die Mitarbeiter der 700 Buchungszentralen sieht man zwar nicht, aber: Sie ernähren von ihrem Gehalt ihre Familien, sie gehen ans Telefon, wenn man etwas im Wagen vergessen hat, sie betreiben eine App, mit der sich in ganz Deutschland ein Taxi bestellen lässt. Sie sind das Bindeglied zwischen den Taxifahrern auf der Straße, und die Zentralen vertreten auch deren Rechte. Hier stehen Tausende Jobs auf dem Spiel, weil Daimler sich den Markt einverleiben will.


Der feste Taxi-Tarif schützt Verbraucher, denn 

* er gilt auch zu Stoßzeiten, sodass auch normale Bürger Weihnachten, Silvester oder zu Messezeiten immer nur gemäß Tarif zahlen,

* er gilt auch für Krankenfahrten, die natürlich auch zu Stoßzeiten stattfinden,

* er ist Teil des ÖPNV: Taxis stellen eine Grundversorgung sicher, die sie zum Tarif-Fixpreis abliefern 

* er verhindert Minijobs und stellt sicher, dass Taxifahrer von dem Entgelt leben können (wie wir wissen hart am Mindestlohn),

* er verhindert asoziale Wucherpreise.


Vermeintlich billige Taxifahrten gaukeln der Bevölkerung vor, Taxifahren könne billiger sein. Dabei wird der Rabatt von einem finanzstarken globalen Unternehmen subventioniert.


Wohin die Abschaffung einer Tarifpflicht führt, sieht man übrigens in den USA: Es war Silvester 2014/15 in New York billiger, Helikopter zu fliegen, als mit Uber zu fahren. Der Gesetzgeber in Deutschland hat das Taxifahren bewusst von solch profitgetriebener Willkür entkoppelt."


Warum sind rund 255.000 Taxifahrer in Deutschland von Ausbeutung bedroht?


"Hat ein Unternehmen wie Mytaxi erst ein Vermittlungsmonopol, schraubt sich die Vermittlungsprovision, die die Fahrer je vermitteltem Fahrgast zu zahlen haben, nach oben. Konzernen liegt schließlich der Profit am Herzen. Bei Taxizentralen entrichten Taxifahrer eine Flatrate für Fahrgastvermittlung, die umgerechnet rund fünf Prozent des Fahrpreises entspricht. Mytaxi hat bereits bis zu 30 Prozent von Taxifahrern verlangt, Uber nimmt in Deutschland 20 Prozent. Neufahrer in den USA zahlen bei Uber bereits 25 Prozent Provision."

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Kommentare: 3
  • #1

    Jörn-Ulrich Napp (Dienstag, 24 November 2015 14:30)

    In diesem Artikel gibt es einige Fehler und Unlogik.
    Zunächst einmal sind noch lange nicht alle Zentralen genossenschaftlich organisiert. Und auch die App gilt lange nicht für alle.

    Weiterhin hat MyTaxi NIEMALS 30% von den Fahrern verlangt. Sie haben es versucht, mußten aber auf den Druck der MT-FAHRER SELBER wieder zurückgenommen und auf maximal 15% festgesetzt, wobei der Durchschnitt bei etwa 5% lag!

    Auch dieses mußte letztlich wieder zurückgenommen werden.

    Es ist ziemlich lächerlich, wenn sich unfähige und korrupte Zentralen darüber beschweren, daß sie endlich mal wirkliche Konkurrenz bekommen haben, die sie vorher (2009) erst einmal belächelt haben.

    Klar stehen die Zentralen mit dem Rücken an der Wand, aber das ist ihren eigenen Unzulänglichkeiten auch und vor allem dem BZP zu verdanken.

    Daß MyTaxi je ein Monopol erlangen könnte ist Angstpropaganda. Wir werden, allerdings an Waldner und den Zentralen vorbei, schon etwas Eigenes auf die Beinchen stellen.

  • #2

    Die Bremer Jungs (Dienstag, 01 Dezember 2015 10:42)

    Lieber Autor von Hallo-Taxi,

    die "Dehumanisierung" hat bereits seit langen stattgefunden und daran waren auch die etablierten Groß-Zentralen maßgeblich beteiligt, in dem sie dieses perfide Arbeitsmilieu mit erschaffen und gefestigt haben und fortlaufend verteidigen. Stundenlöhne von unter 5 Euro/Stunde waren und sind ihnen völlig egal und die wirtschaftliche Situation der selbstfahrenden Einzelunternehmer, immerhin der Urtypus und das Rückgrat der Branche.

    Die IG Bremer Taxifahrer hat eine Umfrage durchgeführt und festgestellt, daß kaum ein angestellter Fahrer in Bremen den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn erhält, siehe Link zum Aufruf oben. Daran hat sich auch 11 Monate nach Einführung rein gar nichts geändert, sowohl in Bremen als auch in den übrigen uns bekannten Städten.

    Ich stelle hier folgende Frage in den Raum: Hat sich bundesweit je ein Zentralenoberhaupt zu dieser Problematik geäußert oder gar dafür eingesetzt, um dieses Übel abzustellen? NEIN, natürlich nicht! Gleichwohl haben alle großen Zentralen in selben Zeitraum prüfen lassen, ob sie rechtlich dafür belangt werden können – Stichwort: “Auftraggeberhaftung“

    Die vermeidliche Verhinderung von “asozialen Wucherpreisen“ ist nicht das Problem der Stunde, sondern die Asozialisierung der vorherrschenden Arbeitsbedingungen. Mit populistischen Schreckgespinsten (der Hubschrauberflug war billiger als die Taxe) lassen sich Veränderung und Fortschritt kaum aufhalten.

    Das Problem bei MyTaxi ist MyTaxi selbst, sie haben schlichtweg einige gravierende Fehler gemacht (Versteigerung der Touren mittels Schieberegler, keine Fokussierung auf eine tatsächliche Qualität der Fahrer und Fahrzeuge usw.) Die multinationale Ausbreitungsstrategie über Europa hinaus war zudem zeitlich völlig verfrüht und überfordernd für ein so kleines Unternehmen. Zudem ist nach dem Abgang vom Mewes und Külper die Entwicklung ungewiß.

    Aber im Ansatz war die Idee völlig richtig und genial sowie technisch bahnbrechend umgesetzt.

    Es bleibt nur zu hoffen, daß sich Daimler als einzig verbleibender Großinvestor auf seinen "Goldschatz" besinnt und ihn endlich hebt. Eine behutsame und auf Nachhaltigkeit und Vertrauen - gegenüber Kunden und Taxlern - begründete Langfriststrategie könnte in wenigen Jahren zum ultimativen Erfolg führen. Es gibt genug schlummernde Talente in der Branche, die die Mechanismen des Marktes kennen und wissen wo dafür angesetzt werden muß. Und dazu bedarf es keiner mit 50% subventionierten Fahrten!

    Hier in Bremen würden geschätzte 30% der Halter und 50% der Fahrer gerne die Abhängigkeit vom Bremer Monopolisten in der Tourenvermittlung verringern bzw. los werden wollen, doch wo ist MyTaxi??? Bei einem besseren Service (Stichwort "Erreichbarkeit" und insbesondere "Mehrwertdienste") für den Kunden, sind in wenigen Jahren erhebliche Teile der Bestandskunden umorientiert und dazu neue Kundengruppen erschlossen.

    Also noch mal Kontakt aufnehmen mit den Bremer Jungs.




  • #3

    Josef Göbel (Mittwoch, 02 Dezember 2015 14:01)

    " Die Taxenzentralen sind das Bilndeglied und vertreten die Rechte der Taxifahrer "
    Diese Aussage ist doch der blanke Hohn, haben nicht die Zentralenfürsten die Taxifahrer daran gehindert ihren kargen Verdienst zu verbessern ? Wurde " Mytaxi " zuerst noch belächelt, so wurde nach einigen Monaten Präsens am Markt den Fahrern verboten Touren von " Mytaxi " zu fahren. Zu diesem Zeitpunkt war die Entlohnung auf Provisionsbasis noch übliche Praxis. So geschehen ebenfalls in Bremen, es wurde sogar der Hausanwalt bemüht, um dem ganzen Tun Nachdruck zu verleihen.
    Mittlerweile ist " Mytaxi " in Bremen Geschichte und die moderne Dienstleistungszentrale des Taxi - Rufs Bremen bevorzugt nun eine andere App, bei der der 1. Vorsitzende des Taxirufs Bremen im Vorstand sitzt. Aber das ist sicherlich nur Zufall.